Esperanto als lebende Sprache. Esperanto-Sprecher in über 120 Ländern. Etwa tausend Muttersprachler
(Quellen unten)
Im Hamburger Abendblatt ist vor einigen Wochen ein Interview über Sprachen mit zwei Professorinnen der Universität Hamburg erschienen. Hierbei wurde auch die internationale Sprache Esperanto angesprochen, die als einzige von insgesamt über tausend Projekten einer geplanten Sprache mittlerweile zu einer lebenden Sprache geworden ist - mit Sprechern in heute über 120 Ländern weltweit. Es wird geschätzt, dass mehrere Millionen Menschen Esperanto gelernt haben und dass einige hunderttausend Esperanto regelmäßig nutzen.
Esperanto: Muttersprache seit 1904
Esperanto ist Muttersprache von etwa tausend Esperanto-Sprechern in mehreren Dutzend Ländern. Das erste Kind, von dem bekannt ist, dass es mit Esperanto als Muttersprache aufgewachsen ist, war Emilia Gastón, geboren 1904 als Tochter des Esperanto-Pioniers Emilio Gastón in Zaragoza, Spanien.
Tägliche Nutzung von Esperanto
Esperanto wird vermutlich von einigen tausend Menschen täglich benutzt. Darüber hinaus gibt es etwa hundert Personen, für die Esperanto ihre Hauptsprache geworden ist, also diejenige Sprache, die sie in mehr als der Hälfte ihrer Zeit verwenden. Teilweise ist Esperanto die Sprache, die in etwa 90 % der Zeit genutzt wird - wenn z. B. Ehepartner und Kinder auch Esperanto sprechen und auch die Arbeit in Esperanto erfolgt.
Anerkennung durch Vatikan, PEN-Club, China, Ungarn, Polen...
In den letzten Jahrzehnten hat sich Esperanto mehr und mehr etabliert. Der Vatikan hat Esperanto 1990 als liturgische Sprache anerkannt. 1993 hat der PEN-Club der Schriftsteller das Esperanto-PEN-Zentum aufgenommen. In Ungarn wurde Esperanto im Jahr 2000 als mögliche Sprache für den Fremdsprachen-Nachweis an Universitäten zugelassen; seit 2001 haben dort über 35.000 Personen eine staatlich anerkannte Esperanto-Prüfung abgelegt. China veröffentlicht seit 2001 täglich Nachrichten in Esperanto, http://esperanto.china.org.cn/ .
Google Translate mit Esperanto
In Posen (Polen) gibt es die Möglichkeit Interlinguistik und Esperantologie zu studieren; in Amsterdam gibt es einen Esperanto-Lehrstuhl. Seit 2008 gibt es eine Esperanto-Version des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Google Translate bietet Esperanto-Übersetzungen seit 2012. Polen hat Esperanto „als Träger der Esperanto-Kultur“ im Jahr 2014 auf die Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt. Seit 2017 erscheint der Unesco-Kurier auch in Esperanto, finanziert von der chinesischen Regierung.
Mehr und mehr Eigenschaften natürlicher Sprachen
Esperanto hat in zunehmendem Maße Eigenschaften natürlicher Sprachen. So lässt sich Esperanto heute kaum noch allein aus Büchern lernen - aktive Teilnahme an der Esperanto-Sprachgemeinschaft ist dafür nötig, z. B. bei internationalen Esperanto-Veranstaltungen oder in sozialen Netzen wie Facebook. Desweiteren ist im Esperanto in den vergangenen hundert Jahren ein gewisser Sprachwandel zu beobachten und es gibt Muttersprachler wie in ethnischen Sprachen.
Jährlich etwa 800.000 Esperanto-Lerner bei Duolingo
Die internationale Sprache Esperanto ist in zunehmenden Maße beliebt. Auf den Internet-Seiten von Duolingo wird eine Zahl von insgesamt fast 800.000 Esperanto-Lernern in den drei Unterrichtssprachen Englisch, Spanisch und Portugiesisch angegeben. Auch auf mehreren Dutzend anderer Sprachlernseiten wird Esperanto heute angeboten.
Warum nicht stärker verbreitet?
Man kann sich fragen, warum Esperanto nicht schon sehr viel weiter verbreitet ist - schließlich lassen sich die Grundlagen dank der regelmäßigen Struktur in einem Viertel der Zeit lernen, die für Sprachen wie Englisch oder Französisch benötigt werden. Nach zwanzig Lernstunden fangen viele Lerner mit der Praxis an - in einer internationalen Sprachgemeinschaft, die in Dutzenden von Ländern aktiv ist und leichte Kontakte ermöglicht.
Zum einen hat es einige Jahrzehnte gebraucht, bis aus dem Sprachprojekt von 1887 eine richtige lebende Sprache geworden ist. So ist etwa Pop-Musik in Esperanto erst ab den 1960-er Jahren aufgetaucht - heute bietet youtube ein reichhaltiges Angebot an Esperanto-Musik. Auch die stärkere Verbreitung des Esperanto in Afrika hat erst in den 1970-er Jahren begonnen. Beim Internet war hingegen Esperanto von Anfang an dabei - so ist die Esperanto-Wikipedia heute mit über 250.000 Artikeln etwa so groß wie die Ausgaben auf Dänisch oder Kroatisch.
Bisher ist die Wirklichkeit des Esperanto nur wenig bekannt. Viele wissen nicht, dass Esperanto mittlerweile tägliche Sprache einer wachsenden internationalen Sprachgemeinschaft geworden ist - und dass es heute Texte über eine Vielfalt von Themen auch in Esperanto gibt. Selbst Sprachwissenschaftlern ist in so manchem Fall nicht bekannt, dass Esperanto etwa tausend Muttersprachler hat, eine wachsende Literatur, vielfältige Wortspiele und eine eigenständige Kultur. So werden gelegentlich unzutreffende Informationen verbreitet, die dann natürlich andere davon abhalten, sich näher für Esperanto zu interessieren.
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Nachbemerkung:
Mythos und Wirklichkeit
Vielleicht erscheint das eine oder andere dieser Beschreibung neu oder steht in Widerspruch zu bisherigen Informationen über Esperanto und seine Sprechergemeinschaft. Das ist denkbar. Leider sind eine Reihe von Irrtümern über Esperanto in Umlauf.
Populäre Irrtümer über Esperanto
http://esperantoland.org/dosieroj/PopulaereIrrtuemerUeberEsperanto__EsperantoLand.pdf
In den vergangenen Jahrzehnten wurden von Sprachwissenschaftlern in der Öffentlichkeit bedauerlicherweise eine Vielzahl von unzutreffenden Aussagen zu Esperanto gemacht. Einige dieser Aussagen werden vorgestellt in:
Zum Bild des Esperanto aus der Sicht einiger Sprachwissenschaftler.
Über verschiedene unzutreffende Aussagen zu Esperanto und seiner Sprachgemeinschaft
http://www.interlinguistik-gil.de/wb/media/beihefte/JGI2018/JGI2018-Wunsch.pdf
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Quellen
(weitere Quellen gerne auf Anfrage)
Hamburger Abendblatt, 12. 1. 2019
https://www.abendblatt.de/hamburg/article216191965/Fragen-des-Lebens-Warum-gibt-es-verschiedene-Sprachen.html
Auszug: Hamburger Abendblatt: Es gab ja mal den Versuch, eine Weltsprache zu etablieren – Esperanto. Davon ist nicht mehr viel die Rede.
Redder: Nein, das hat nicht funktioniert, weil es künstlich war. Eine Sprache lebt davon, dass Menschen sie sprechen – und das auch tun wollen. Das kann man nicht von oben aufzwingen.
Etwa 2 Millionen Esperanto-Sprecher, 1000 Muttersprachler
https://www.ethnologue.com/language/epo
Pressemitteilung zum Tag der Muttersprachen, 21. Februar
https://www.esperanto.de/de/enhavo/gazetaro/artikoloj/seit-115-jahren-esperanto-als-muttersprache-zum-tag-der-muttersprache-21
Etwa tausend Muttersprachler
Sabine Fiedler, Rolle des Esperanto-Muttersprachlers..., S. 168
http://www.interlinguistik-gil.de/wb/media/beihefte/17/Fiedler_163-174.pdf?wb_1380_session_id=auun453fgccn9j7qkd4leeiqv6
Weitere Artikel über Esperanto-Muttersprachler
https://eo.wikipedia.org/wiki/Denaskaj_Esperanto-parolantoj#Literaturo_pri_denaskuloj_(inkl._de_scienca)
Erste Esperanto-Muttersprachlerin
Emilia Gastón https://de.wikipedia.org/wiki/Emilia_Gast%C3%B3n
Vatikan
Ulrich Matthias. Esperanto - la Nova Latino de la Eklezio. Flandra Esperanto-Ligo, Antwerpen 2001
Esperanto-PEN-Zentrum
https://www.pen-international.org/centres/esperanto-centre/
Ungarn: Anerkennung als lebende Sprache, 2004
http://www.esperantoland.org/de/plu.php?msgid=1211
Ungarn: Esperanto-Prüfungen
https://eo.wikipedia.org/wiki/Statistiko_de_Esperantujo#Hungario (Tabelle)
Auch, nur 2009-2018: https://nyak.oh.gov.hu/doc/statisztika.asp?strId=_43_
China: Tägliche Nachrichten
http://esperanto.china.org.cn/
Interlinguistik (bes. Esperantologie) in Posen, Polen
http://interl.amu.edu.pl/interlingvistiko/studojen.html
Interlinguistik und Esperanto in Amsterdam
http://www.uva.nl/en/profile/g/o/f.gobbo/f.gobbo.html
Europäischer Referenzrahmen für Sprachen in Esperanto
https://edukado.net/upload/enhavo/dosieroj/ker_printebla.pdf
Google Translate: Esperanto
https://translate.google.com/#view=home&op=translate&sl=auto&tl=en&text=Saluton
Polen: Esperanto "als Träger der Esperanto-Kultur"
auf Liste des immateriellen Kulturerbes
http://niematerialne.nid.pl/Dziedzictwo_niematerialne/Krajowa_inwentaryzacja/Krajowa_lista_NDK/
Unesco-Kurier in Esperanto
Beispiel-Nr. Okt. - Dez. 2017
https://en.unesco.org/sites/default/files/esperanto-kuriero-20171211-reta.pdf
Eigenschaften natürlicher Sprachen in Esperanto
Jouko Lindstedt, Native Esperanto as a Test Case for Natural Language
"Properties of natural language in Esperanto"
http://www.linguistics.fi/julkaisut/SKY2006_1/1FK60.1.5.LINDSTEDT.pdf
Esperanto-Sprachkurse bei Duolingo
https://www.duolingo.com/courses/en
https://www.duolingo.com/courses/es
https://www.duolingo.com/courses/pt
Lernmaterial für Esperanto
https://eo.wikipedia.org/wiki/Listo_de_ofertataj_Esperanto-lerniloj
Schulversuche über die raschere Erlernbarkeit des Esperanto
http://www.interlinguistik-gil.de/wb/media/beihefte/JGI2018/JGI2018-Wunsch.pdf
S. 185 - 187
Esperanto-Musik. Statistik Esperanto-Musikalben
https://eo.wikipedia.org/w/index.php?title=Esperanto-muzikalbumoj&stable=1#Statistiko_pri_jare_aperintaj_albumoj
youtube https://www.youtube.com/results?search_query=Esperanto+Musik
Esperanto-Wikipedia
https://eo.wikipedia.org
Statistik https://meta.wikimedia.org/wiki/List_of_Wikipedias#100_000.2B_articles
Internationale Verteilung der Wikipedia-Mitarbeiter
im Vergleich mit anderen Sprachen
https://stats.wikimedia.org/wikimedia/squids/SquidReportPageEditsPerLanguageBreakdown.htm#Esperanto
-- Louis v. Wunsch-Rolshoven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Deutscher Esperanto-Bund e. V. Wiclefstr. 9, 10551 Berlin Tel. 030 - 685 58 31 0173 - 162 90 63 0 800 - 3 36 36 36 111 (kostenlos) Pressemitteilungen https://www.esperanto.de/de/pressemitteilungen (Presse-)Texte zu Esperanto http://www.esperantoland.org/presse/ Populäre Irrtümer über Esperanto http://www.esperantoland.org/dosieroj/PopulaereIrrtuemerUeberEsperanto__EsperantoLand.pdf
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